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  • Writer's picturedr. med. Bako, Peter

So klappt die Behandlung vom Typ 2 Diabetes: die nicht-medikamentösen Maßnahmen

Die im letzten Beitrag geschilderten Zusammenhänge helfen uns zu verstehen, wie die Behandlung am effektivsten funktioniert. Die medikamentöse Behandlung vom Typ 2 Diabetes ist vielfältig und wirksam zur Blutzuckerkontrolle, die Grundproblematik bleibt aber leider meistens bestehend: Übergewicht (hohe Fettmasse, evtl. auch Fettleber), hohe Kalorienzufuhr (Kalorienüberschuss, es wird mehr Energie zugeführt, als was der Körper benötigt, der Überschuss wird als Fett gespeichert), hoher Zuckerkonsum (oder allgemein hohe Kohlenhydratzufuhr), Bewegungsarmut.



Diabetes = Zuckerkrankheit

Vor der medikamentösen Behandlung bildet immer die Ernährungsumstellung / Lebensstiländerung die wichtigste Säule der Therapie. Das nennt sich als diabetische Basistherapie.

Es sind drei wichtige Aspekte dieser Therapie zu nennen:

Die Ernährungsumstellung ist bei der Behandlung vom Diabetes wichtig

Nahrungsmittelauswahl: Insulin regelt den Blutzucker, wenn der Blutzucker erst gar nicht so viel ansteigt, braucht der Körper auch nicht so viel Insulin. Das lässt sich durch die Reduktion von Zucker und schnell resorbierenden Kohlenhydrate erreichen. Zusätzlich kann es hilfreich sein, die Gesamtmenge der Kohlenhydrate zu reduzieren. Häufig wird die mediterrane Ernährung bevorzugt (dabei werden mehr Gemüse und gesunde Fette verzehrt, der Kohlenhydratanteil ist insgesamt niedriger), es gibt aber auch zahlreiche low-carb Ernährungsformen (in der Regel weniger als 150g Kohlenhydrate am Tag). Die noch strengeren low-carb Varianten können aber die Lebensmittelauswahl schon deutlich einschränken.


Bewegung sorgt für einen stabileren Blutzucker beim Diabetes

Bewegung: bei körperlicher Aktivität verbrennen die Muskeln als Energiequelle Kohlenhydrate (Zucker) und Fett. Es ist also auch förderlich für die Behandlung, die körperliche Aktivität zu steigern. Dabei werden die Muskeln empfindlicher gegen Insulin und nehmen den Zucker aus der Blutbahn leichter auf, als ohne Bewegung. Als Ergebnis bessert sich also die Insulinwirkung und der Blutzuckerspiegel sinkt. Werden schon Medikamente eingenommen, sollten Sie sich vorerst informieren, ob der Wirkstoff Hypoglykämien begünstigt oder nicht, der erhöhte Verbrauch kann nämlich zusammen mit bestimmten Medikamenten zu Unterzuckerung führen.



Mit Gewichtsabnahme gegen den Diabetes

Kalorienbilanz/Gewichtsabnahme: es ist entscheidend, dass die Fettmasse reduziert wird, dadurch bessert sich ebenfalls die Insulinsensitivität (die gleiche Menge des vorhandenen Insulins wirkt effektiver). Sogar die Fettleber kann sich bei einer optimalen kalorienreduzierten Ernährung zurückbilden und auch das Visceralfett wird weniger, beide Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Insulinresistenz.


Studien deuten darauf hin, dass die Gewichtsabnahme die Stoffwechsellage enorm verbessern kann. Nach bariatrischen Operationen (Schlauchmagen oder ähnliches) wurde bereits oft die Remission vom Diabetes beobachtet (Remission bedeutet Normalisierung der diabetischen Stoffwechselparameter ohne diabetische Medikation). Es wurde auch untersucht, worauf dieses Ergebnis zurückzuführen ist. Mehrere Studien kamen auf den gleichen Beschluss: das Ergebnis hängt mit der Gewichtsabnahme zusammen und nur indirekt mit der OP. Daraufhin erfolgte die DiRECT Studie in 2018 (Primary care weight-management for type 2 diabetes: the clusterrandomised Diabetes Remission Clinical Trial) 1, die den Zusammenhang zwischen Diabetes Remission und Gewichtsabnahme ohne OP untersucht hat.


Dabei wurden zwei Gruppen untersucht: eine Gruppe, die konventionelle diabetische Behandlung erhalten hat, die 2. Gruppe wurde einem intensiven Gewichtsreduktionsprogramm unterzogen. Dieses bestand aus einer Formuladiät mit strenger Kalorienrestriktion über 3-5 Monate, anschließend erfolgte langsamer Wiederaufbau der Ernährung, mit dem Ziel das Gewicht zu halten. Die Erstdiagnose vom Typ 2 Diabetes lag in beiden Gruppen maximal 6 Jahre zurück.

Die Interventionsgruppe hat deutlich erfolgreicher abnehmen können, nach Ablauf der 12 Monate wurde eine mittlere Gewichtsabnahme von 10 kg verzeichnet. Die Kontrollgruppe hat im Vergleich im gleichen Zeitraum nur 1 kg abnehmen können.


Was die Remissionsrate (Definition der Remission siehe oben) angeht, fand sich auch ein deutlicher Unterschied zwischen die beiden Gruppen. In der Interventionsgruppe betrug diese im Durchschnitt 46 % nach einem Jahr! Also fast jeder Zweite hat nach

einem Jahr die Medikamente weglassen können!


Je höher die Gewichtsabnahme war, desto wahrscheinlicher ging die Erkrankung in die Remission. Die Teilnehmer, die 15 kg oder mehr abgenommen haben, hatten eine Wahrscheinlichkeit von 86% nach einem Jahr. Auch in der Gruppe mit der Abnahme 5-10 kg betrug die Wahrscheinlichkeit immer noch 34 % und in der Gruppe zwischen 10 und 15 kg Gewichtsabnahme 57 %.

Die Gewichtsabnahme unterstützt die Diabetes-Remission
Schematische Darstellung der oben genannten Ergebnisse anhand der Daten der DiRECT Studie

Nebenbei konnte die Gewichtsreduktion diverse andere Parameter verbessern: der Blutdruck ist gesunken, die Blutdruckmedikation konnte reduziert werden und auch die Triglyceride haben sich verbessert. Wichtig ist auch zu betonen, dass die Interventionsgruppe über Verbesserung der Lebensqualität berichtet hat, währenddessen diese bei der Kontrollgruppe gleich geblieben ist.


Mittlerweile haben auch die wissenschaftlichen Gesellschaften das Ergebnis kommentiert, zukünftig findet also die neue Information sicherlich zunehmend praktische Anwendung, wenn es um die nicht medikamentöse Therapie vom Diabetes geht. Der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Folgendes bekannt gegeben 2:

"Die kürzlich im Fachjournal „The Lancet“ publizierte DiRECT (Diabetes Remission Clinical Trial) Studie bestätigt die Wirksamkeit einer Ernährungsintervention bei Typ-2-Diabetikern und belegt damit die Aussagen der Nationalen Versorgungsleitlinie zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2, nämlich dass eine erfolgreiche Behandlung der Manifestationsfaktoren und des damit assoziierten metabolischen Syndroms, besonders durch Umstellung der Ernährung, vermehrte körperliche Aktivität und Reduktion des Körpergewichts, auch die Grundlage der Diabetestherapie darstellen. Oft gelingt es in den Anfangsstadien, die Erkrankung in die Latenz zurückzudrängen"


Deswegen lohnt sich die Lebensstiländerung ernst zu nehmen, denn wenn diese erfolgreich ist, hat man eine deutlich bessere Stoffwechselkontrolle und sogar eine realistische Chance auf die Remission der Erkrankung.



1: Lean, M. E., Leslie, W. S., Barnes, A. C., Brosnahan, N., Thom, G., McCombie, L., Peters, C., Zhyzhneuskaya, S., Al-Mrabeh, A., Hollingsworth, K. G., Rodrigues, A. M., Rehackova, L., Adamson, A. J., Sniehotta, F. F., Mathers, J. C., Ross, H. M., McIlvenna, Y., Stefanetti, R., Trenell, M., Welsh, P., … Taylor, R. (2018). Primary care-led weight management for remission of type 2 diabetes (DiRECT): an open-label, cluster-randomised trial. Lancet (London, England), 391(10120), 541–551. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(17)33102-1


2: https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/direct-studie/

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